Nachbarstreit für Fortgeschrittene
- Edwart
- 29. März 2018
- 3 Min. Lesezeit
Boing. Hart trifft mich der Fußball am Kopf. Er flog quer über die Mauer und erwischte mich, zack die Bohne, volle Breitseite. Auf der anderen Seite versuchte sich der dicke Mattis-Sören auf die Mauer zu hieven, welche unseren Garten, nicht ohne Grund, von den Nachbarn trennt. Früher stand neben unserem Haus eine alte Kneipe. Als diese schließlich wegen eines pikären Ehestreits geräumt wurde, wurde der ganze Schuppen von einem neureichen Dresdner Prostatachirurgen aufgekauft und für hohe Summen generalüberholt. Dieser hat sich damit seinen Traum von der Wochenendresidenz auf dem Lande erfüllt. Zusammen mit seinem adipösem Sohn und seiner vorpubertären Tochter Marie-Louise welche sich selbst jetzt immer „Mary Lou“ nennt macht er seitdem die Nachbarschaft unsicher. Die ganze Bagage war im Dorf nicht sonderlich beliebt. Doch dazu später.
Der Chirurg war kleiner als die Restwürde von Natascha Ochsenknecht, was seine kastenförmigen Pullover nicht gerade positiv unterstützten. Daher hieß er bei allen nur „der kleine Direktor“. „Entpfuldigung? Könntest du mir meinen Ball wieder geben?“, fragte das füllige Nachbarskind. „Für dich immer noch Herr Sommer!“, blaffe ich scharf zurück bevor ich Mattis-Sören den Ball zwischen die Wurstfinger drücke. „Solche Spirezien mache ich in Zukunft nicht mehr mit! Wenn das nochmal passiert ziehe ich dir deine kleine Wirbelsäule durch die Nase das du deinen Arsch am Henkel tragen kannst!“. „Morgen Herr McLindsey“, quakte der kleine Direktor aus seiner Sonnenliege welcher mich nun auch entdeckt hatte.
„Guten Morgen Herr … ähm ja. Ach Kinder sind schon ein Segen“, flötete ich lächelnd zurück während ich Mattis-Sören beherzt in die feiste Wange kniff. Dieser verschwand danach so schnell wie die Steuern von Uli Höneß. Der kleine Direktor macht sich schon am Anfang im Dorf nicht gerade beliebt, insofern dies als Neu-zugezogener überhaupt möglich wäre. Direkt nach dem Einzug zelebrierte er erst mal eine Bob Marley- Gartenparty zu der die Biker- Coverband „Bob Harley“ auflegte. Das alles wäre ja kein Problem, wenn das Dorf eingeladen würde, die Party am Wochenende wäre, und nicht bis nachts um drei „three little birds“ akustisch durch das ganze Dorf fliegen würden. Zudem hatte der kleine Direktor sich nicht mal bei den Nachbarn vorgestellt, oder seine Festivität groß angekündigt, und stand daher schon mit einem Bein auf dem Scheiterhaufen des guten Anstands.
Ich hätte ihn warnen sollen, aber jetzt war es zu spät. Er hatte selbst Gustels Zorn beschworen, welche nun im fliederblauen Nachthemd und Erichs altem Gewehr im Anschlag dem wilden Treiben den Gar ausmachte. Spätestens als sie, unter großem Zuspruch der Dorfgemeinde, die Lichterkette zerschoss flüchtete sogar die aufgedonnerte Mary Lou in ihr „Mike Singer“-Gedächtniszimmer. Eigentlich sollte der kleine Direktor spätestens jetzt wissen wie der Hase läuft, sollte man meinen.
Doch schon am nächsten Tag tuckerte das kleine Männlein halbnackt, und mit mehr Haargel als die Ehrlich Brothers zusammen, auf seinem Rasentraktor durch den Garten. Das knallrote Motormonster war schon so heiß gelaufen das man auf der Motorhaube ohne Zweifel einen Saunaaufguss hätte machen können (Sorte Haargel-Axelschweiß). In der Mittagszeit, auf dem Dorf mit dem Rasentraktor zu fahren ist ungefähr so schlau wie mit der amerikanischen Flagge durchs Regierungsviertel von Nordkorea zu laufen. Innerhalb kürzester Zeit hat es der kleine Direktor geschafft sich den Dorfkodex aufs übelste zu verletzen und unbeliebter als „die Amigos“ zu werden. Ich hatte nur darauf gewartet dass der Stammesrat unser Teilzeitlandei verbannt. Die Quittung ließ auch nicht lange auf sich warten. Unter der Woche operierte der kleine Direktor ja in seiner Dresdener Privatklinik und sah seinen Wochenendpalast nicht mit dem Arsch an.

Da fiel es nicht auf das der Kita Verein das große Fußballtunier auf dem guten exquisit gepflegten englischen Rasen austrug. Die Gruppe „die kleinen Wühlmäuse“ machte ihrem Namen alle Ehre so dass der Garten nach zwei Stunden aussah wie ein Acker in Niedersachsen nach zwei Wochen Dauerregen. Hinterher durfte der Hund nochmal auf dem „Garten“ spielen, nachdem er den ganzen Tag noch nicht Gassi war, und vorher das gute Futter mit extra viel Pflaume bekam. Schließlich stank es so sehr dass Jeder einen größeren Bogen um das Grundstück machte als Edward Snowden um Washington DC. Am Wochenende schreckte ich auf da in der Mittagszeit wieder ohrenbetäubender Lärm meine zarten Ohren quälte. Der kleine Direktor mähte lautstark über den Rasen… des Hauses neben ihm. Er hatte den alten Fetzenbungalow preiswert geschossen und jetzt seine Eltern darin untergebracht. Ich war vollkommen perplex da ich von nichts wusste. Naja woher auch? Der neue Zuzug hatte sich schließlich auch nicht vorgestellt. Seitdem warte ich schon mit Gustel samt Gewehr auf den nächsten akustischen Anschlag, diesmal von der Coverband eines bekannten Schlagerstars „Rolands Beißer“.
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